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Häufig gestellte Fragen und Antworten zu Saatgut, Pflanzkartoffeln und Rebenpflanzgut

Texterstellung: Willi Thiel, Anerkennungsstellen für Saat- und Pflanzgut, und Magdalene Pietsch, JKI; Stand: 27.07.2020

Der folgende Text wird bei Bedarf noch modifiziert oder ergänzt. Der Inhalt ist nicht rechtsverbindlich. Rechtlich maßgeblich sind die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Vorschriften sowie in Deutschland die Umsetzung durch die zuständigen Behörden der Bundesländer.

Ansprechpartner ist jeweils der Pflanzenschutzdienst des Bundeslandes, in dem ein Unternehmen seinen Sitz hat.

  1. Welche Betriebe sind von den Regelungen bei landwirtschaftlichem Saatgut, Pflanzkartoffeln und Rebenpflanzgut betroffen?
  2. Was sind RNQPs und welche Pflanzenarten sind betroffen?
  3. Welche Pflanzenarten aus dem landwirtschaftlichen Bereich sind ausgenommen?
  4. Welche Änderungen ergeben sich für die Kennzeichnung von Saat- und Pflanzgut der Pflanzenarten, für die RNQPs gelistet sind?
  5. Was bescheinigt der Pflanzenpass?
  6. Wer stellt den Pflanzenpass aus?
  7. Wie sieht der Pflanzenpass für amtlich anerkanntes Saat- und Pflanzgut aus?
  8. Darf die Bezeichnung „Pflanzenpass/Plant Passport“ auch für Etiketten von Saatgut von Pflanzenarten verwendet werden, die nicht pflanzenpasspflichtig sind?
  9. Welches Saatgutmaterial ist von der Pflanzenpasspflicht ausgenommen?
  10. Wie erfolgt die Registrierung der pflanzenpasspflichtigen Betriebe?
  11. Standardsaatgut von Gemüse-, Zierpflanzen und Obstarten
  12. Einfuhr von Saatgut aus Drittländern
  13. Weiterführende Informationen zu Saatgut
1. Welche Betriebe sind von den Regelungen bei landwirtschaftlichem Saatgut, Pflanzkartoffeln und Rebenpflanzgut betroffen?

Im Saatgutbereich müssen sich alle Unternehmer (Verordnung-Firmen, Züchter und ggf. Aufbereiter), die mit Fruchtarten arbeiten, für die RNQPs definiert sind, registrieren und ggf. regelmäßig kontrollieren lassen. Gleiches gilt für Pflanzkartoffeln und Reben, bei denen zusätzlich noch die Anforderungen für Quarantäneschädlinge zu beachten sind.

2. Was sind RNQPs und welche Pflanzenarten sind betroffen?

Die EU-Kommission hat diese Schädlingskategorie im Pflanzengesundheitsbereich neu geregelt. RNQP steht für „Regulated Non Quarantine Pest", zu Deutsch: Unionsgeregelte Nicht-Quarantäneschädlinge. Es sind Schadorganismen, die keinen Quarantänestatus haben, hauptsächlich durch zum Anpflanzen bestimmte Pflanzen verbreitet werden und erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen können. Für viele landwirtschaftliche und gärtnerische Arten wurden Toleranzen für RNQPs sowie zu ergreifende Maßnahmen beim Auftreten definiert ( Anhänge IV und V der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2072. Die meisten dieser Schadorganismen wurden in der Vergangenheit bereits im Rahmen des Anerkennungsverfahrens geprüft. Einige neu hinzugekommene Schadorganismen waren zuvor Quarantäneschädlinge, deren Status aufgrund weiter Verbreitung im Zuge der Neuregelung nun geändert worden ist.

Für folgende Pflanzenarten sind RNQPs geregelt:

  • Luzerne Medicago sativa L.
  • Raps Brassica napus L.
  • Rübsen Brassica rapa L.
  • Sojabohne Glycine max (L.)
  • Sonnenblume Helianthus annuus L.
  • Lein Linum usitatissimum L.
  • Weißer Senf Sinapis alba L.
  • Kartoffel-Pflanzgut Solanum tuberosum L.
  • Kartoffel-Saatgut Solanum tuberosum L.
  • Reben-Pflanzgut Vitis L.

Für Saat- und Pflanzgut dieser Arten, für die RNQPs und/oder Quarantäneschädlinge geregelt sind, besteht Pflanzenpasspflicht. Diese gilt auch für Saatgutmischungen, sofern mindestens eine passpflichtige Art darin enthalten ist.

Bei den betroffenen Pflanzenarten, die durch das nationale Artenverzeichnis saatgutrechtlich geregelt sind, sind folgende RNQPs relevant:

  • Luzerne Medicago sativa L.
    • Bakterienwelke (Clavibacter michiganensis ssp. insidiosus)
    • Stängelälchen (Ditylenchus dipsaci)
  • Raps Brassica napus L.
    • Sclerotinia sclerotiorum
  • Rübsen Brassica rapa L.
    • Sclerotinia sclerotiorum
  • Sojabohne Glycine max (L.)
    • Diaporthe caulivora
    • Diaporthe phaseolorum var. sojae
  • Sonnenblume Helianthus annuus L.
    • Grauschimmel (Botrytis cinerea)
    • Falscher Mehltau (Plasmopara halstedii)
    • Sclerotinia sclerotiorum
  • Lein Linum usitatissimum L.
    • Grauschimmel (Botrytis cinerea)
    • Blattfleckenkrankheit (Alternaria linicola)
    • Brennfleckenkrankheit (Colletotrichum lini)
    • Welkekrankheit (Fusarium (anamorphe Form))
      ( nicht Fusarium oxysporum f. sp. albedinis & F. circinatum)
    • Boeremia exigua var. linicola
  • Weißer Senf Sinapis alba L.
    • Sclerotinia sclerotiorum
  • Kartoffel-Pflanzgut Solanum tuberosum L.
    • Viren: Kartoffelblattrollvirus (PLRV), Kartoffelvirus Y (PVY), Kartoffelvirus (PVS), Kartoffelvirus (PVM), Kartoffelvirus (PVA), Kartoffelvirus (PVX)
    • Potato spindle tuber viroid (PSTVd)
    • Schwarzbeinigkeit (Dickeya spp.; Pectobacterium spp.), Zebra-Chip-Krankheit (Candidatus Liberibacter solanacearum, CLs), Stolbur (Candidatus Phytoplasma solani, CPs)
    • Rhizoctonia solani (Wurzeltöterkrankheit) (Thanatephorus cucumeris), Pulverschorf (Spongospora subterranea)
    • Weitere Schadorganismen: Knollenfäule-Nematode (Ditylenchus destructor)
  • Kartoffel-Saatgut Solanum tuberosum L.
    • Potato spindle tuber viroid (PSTVd), welches als samenübertragbar gilt
  • Reben-Pflanzgut Vitis L.
    • Xylophilus ampelinus ( Vitis L.)
    • Viteus vitifoliae ( Vitis vinifera L.)
    • Arabis mosaic virus (Vitis L.)
    • Candidatus Phytoplasma solani (Vitis L.)
    • Grapevine fanleaf virus (Vitis L.)
    • Grapevine fleck virus (Unterlagen von Vitis spp. und ihren Hybriden, außer Vitis vinifera L.)
    • Grapevine leafroll associated virus 1 (Vitis L.)
    • Grapevine leafroll associated virus 3 (Vitis L.)
3. Welche Pflanzenarten aus dem landwirtschaftlichen Bereich sind von RNQP-Regelungen nicht betroffen?

Getreide einschließlich Mais, mit Ausnahme von Reis, ferner Gräserarten, viele Futterpflanzen sowie groß- und kleinkörnige Leguminosen.

4. Welche Folgen ergeben sich für die Kennzeichnung von Saat- und Pflanzgut der Pflanzenarten, für die RNQPs gelistet sind?

Für diese Arten gilt die Pflanzenpasspflicht ( Anhang XIII der Verordnung (EU) 2019/2072). Diese gilt auch für Saatgutmischungen, die mindestens eine „passpflichtige Komponente“ enthalten. Zusammenfassend gilt demnach für folgende Pflanzenarten die Pflanzenpass-Pflicht:

5. Was bescheinigt der Pflanzenpass?

Die Freiheit von Quarantäneschädlingen (sofern für die jeweilige Art relevant), sowie die Einhaltung der Toleranzgrenzen bei RNQPs (die für die jeweilige Art definiert sind).

6. Wer stellt den Pflanzenpass aus?

Zuständige Behörden bei Saat- und Pflanzgut sind die Anerkennungsstellen der Länder. Sie stellen im Rahmen des amtlichen Anerkennungsverfahrens mit der Vergabe der Anerkennungsetiketten die Pflanzenpässe aus. Die praktische Vorgehensweise beim Etikettendruck bleibt gleich.

Der Pflanzenpass wird in der Regel mit dem Anerkennungsetikett kombiniert, nicht jedoch bei eingeführtem OECD-gekennzeichnetem Saatgut. Saatgut aus Drittländern muss von einem Pflanzengesundheitszeugnis begleitet werden, welches vom Pflanzenschutzdienst des Drittlandes ausgestellt worden ist. Beim Import wird das Pflanzengesundheitszeugnis durch den Pflanzenpass ersetzt. Alternativ kann anstelle des Pflanzenpasses auch eine amtlich beglaubigte Kopie des Pflanzengesundheitszeugnisses die Ware ab Eintrittsort innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaates begleiten.

Ein an der Ware angebrachter Pflanzenpass darf im Handel weitergereicht werden.

Die direkte Abgabe von Saatgut an private Endverbraucher wie zum Beispiel Hobbygärtner (sogenannte Endnutzer ) ist von der Pflanzenpasspflicht ausgenommen, jedoch nicht im Fall des Fernabsatzes. Bei Fernabsatz stellt ein ermächtigter Unternehmer den Pflanzenpass aus oder er reicht die Pflanzenpässe seiner Lieferanten weiter. Bei Fernabsatz an Endnutzer gelten Erleichterungen bezüglich der Pflanzenpassanbringung (siehe 5.3 unter „Häufig gestellte Fragen Allgemeines" ).

Die Abgabe an Unternehmer , die beruflich mit Saat- und Pflanzgut umgehen (Gärtner, Landwirte etc.), muss immer mit Pflanzenpass erfolgen.

Zur Ausstellung des Pflanzenpasses bei Importen siehe 5.1 unter „Häufig gestellte Fragen Allgemeines" .

7. Wie sieht der Pflanzenpass für amtlich anerkanntes Saat- und Pflanzgut aus?

Für Saatgut landwirtschaftlicher Arten, Pflanzkartoffeln und Reben wird das Anerkennungsetikett mit dem Pflanzenpass kombiniert. Dabei befindet sich in der linken oberen Ecke das EU-Logo und rechts oben die Aufschrift „Pflanzenpass / Plant Passport“. Darunter befinden sich die Angaben des Anerkennungsetiketts. Der zusätzliche Aufdruck einer Pflanzenpass-Nummer und deren Aufdruck auf dem Etikett ist bei amtlich anerkanntem Material nicht vorgesehen. Zur eindeutigen Identifizierung und Rückverfolgbarkeit genügt die auch bisher schon verwendete Anerkennungsnummer.

Für Lieferungen in Schutzgebiete ist der Aufdruck "Pflanzenpass PZ / Plant Passport PZ" und darunter die Angabe des Schutzgebiets-Quarantäneschädlings (wissenschaftlicher Name oder EPPO-Code) erforderlich. In welchen Fällen ein Pflanzenpass für Schutzgebiete erforderlich ist, ist in Anhang XIV der Durchführungsverordnung 2019/2072 aufgelistet.

Der Pflanzenpass wird mit dem Anerkennungsetikett kombiniert, nicht jedoch bei eingeführtem OECD-gekennzeichnetem Saatgut. In diesem Fall ist ausnahmsweise ein separater Pflanzenpass mit eindeutigem Bezug (Anerkennungs-/Partienummer) zum Anerkennungsetikett erforderlich.

8. Darf die Bezeichnung „Pflanzenpass/Plant Passport“ auch für Etiketten von Saatgut von Pflanzenarten verwendet werden, die nicht pflanzenpasspflichtig sind?

Nein, das ist nicht zulässig, denn der Pflanzenpass bescheinigt die Freiheit von Quarantäneschädlingen und RNQPs. Dies ist an die Durchführung entsprechender Untersuchungen und/oder Kontrollen auch visueller Natur auf die relevanten QPs und RNQPs geknüpft.

Die Verwendung des EU-Logos alleine ist dagegen auch auf den Etiketten von Pflanzenarten, die nicht pflanzenpasspflichtig sind, erlaubt. Aus praktischen Gründen können deshalb für alle Fruchtarten Etiketten mit EU-Logo verwendet werden. Nur bei den passpflichtigen Arten wird der Zusatz "Pflanzenpass/Plant Passport" eingedruckt.

9. Welches Saatgutmaterial ist von der Pflanzenpasspflicht ausgenommen?

Sofern die Pflanzenpasspflicht ausschließlich auf RNQP-Regelungen beruht, gelten generelle Ausnahmen der Saat- und Pflanzgutregelungen für die Abgabe zu bestimmten Zwecken auch bzgl. der RNQP-Anforderungen und der Pflanzenpasspflicht:

  • Saatgut für amtliche Prüfungen und Inspektionen,
  • Lieferung an Dienstleister zur Aufbereitung, sofern dieser keinen Rechtsanspruch erwirbt,
  • wissenschaftliche Zwecke, Züchtungsvorhaben,
  • Saatgut für sonstige Tests und Versuche (oranges Etikett),
  • Saatgut von Erhaltungs- und Amateursorten sowie Populationen,
  • Saatgut, das zur Ausfuhr außerhalb der Vertragsstaaten bestimmt ist,
  • nicht endgültig anerkanntes Saatgut (graues Etikett).

Es ist zu beachten, dass dies nicht für Pflanzkartoffeln und Reben gilt, die bei jeglichem Verbringen einen Pflanzenpass benötigen, bedingt durch die zusätzlichen Regelungen zu Quarantäneschädlingen.

Ausnahmen von der Pflanzenpasspflicht existieren jedoch unter bestimmten Bedingungen auch für Pflanzkartoffeln und Reben bei der Abgabe an nicht-berufliche Endverbraucher wie zum Beispiel Hobbygärtner (sogenannte Endnutzer ) (siehe 6). Dies trifft aber nicht für den Fernabsatz (Online-/klassischer Versandhandel) zu.

10. Wie erfolgt die Registrierung der pflanzenpasspflichtigen Betriebe?

Alle Unternehmer, die pflanzenpasspflichtige Ware in den Verkehr bringen, müssen sich beim zuständigen Pflanzenschutzdienst der Länder registrieren lassen. Hier wird ein amtliches Unternehmerregister geführt. Im Amtlichen Anerkennungsverfahren sind dies nach derzeitigem Stand Züchter, Verpackungsfirmen und gegebenenfalls Aufbereiter. Selbstaufbereiter sind ausgenommen.

Auch Händler (Groß- und Einzelhandel) unterliegen den Regelungen. Ausnahmen von der Registrierungspflicht gelten für Unternehmer, die ausschließlich kleine Mengen von Saatgut bestimmter Arten im Direktabsatz an Endnutzer liefern (siehe auch 1.2 unter „Häufig gestellte Fragen Allgemeines" ). Diese Ausnahme gilt aber nicht im Fall von eingeführtem Saatgut, das in Anhang XI Teil A der Verordnung (EU) 2019/2072 genannt ist.

Zur Registrierung ist ein Antrag mit verschiedenen Anlagen erforderlich. Auch Betriebe, die jegliches Saat- und Pflanzgut im- oder exportieren, sind registrierungspflichtig. Registrierte Betriebe sind verpflichtet eine jährliche Aktualisierung ihrer Registrierungsdaten bis zum 30. April jeden Jahres vorzulegen, wenn sich Änderungen gegenüber dem Vorjahr ergeben haben. Nähere Informationen zur Registrierung und zum Pflanzenpass sind bei den Pflanzenschutzdiensten der Bundesländer erhältlich.

11. Standardsaatgut von Gemüse-, Zierpflanzen und Obstarten

Auch für bestimmtes Saatgut von Gemüse-, Zierpflanzen- und Obstarten, das nicht dem amtlichen Anerkennungsverfahren unterliegt, gelten neue RNQP-Regelungen und die Pflicht zur Kennzeichnung mit dem Pflanzenpass beim Inverkehrbringen.

Die direkte Abgabe von Saatgut an Endnutzer ist von der Pflanzenpasspflicht ausgenommen, jedoch nicht im Fall des Fernabsatzes. Zur Registrierungspflicht von Sattguthändlern siehe 10.

Zuständige Behörde für das Inverkehrbringen von Standardsaatgut ist in der Regel der Pflanzenschutzdienst. Der Pflanzenpass wird durch den ermächtigten Unternehmer ausgestellt oder der Pflanzenpass des Lieferanten wird weitergereicht. Es gelten ansonsten die gleichen Rahmenbedingungen wie unter „ Häufig gestellte Fragen Allgemeines “ dargestellt.

12. Einfuhr von Saatgut aus Drittländern

Für die Einfuhr von Saatgut aus Drittländern ist ein Pflanzengesundheitszeugnis erforderlich, mit dem die Erfüllung der pflanzengesundheitlichen Einfuhranforderungen der EU bestätigt wird ( Anhang XI A und B der Verordnung (EU) 2019/2072. Zur Ausstellung des Pflanzenpasses nach der Einfuhr siehe 5.1 unter „Häufig gestellte Fragen Allgemeines“ .

13. Weiterführende Informationen zu Saatgut

Die Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen für landwirtschaftliches Saat- und Pflanzgut in Deutschland stellt über folgenden Link weitergehende Detailvorschriften zu landwirtschaftlichem Saatgut zur Verfügung:

https://www.ag-akst.de/anerkennung-von-saat-und-pflanzgut-in-deutschland.html

Zuletzt geändert: 04.03.2021

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